Impulse für junge Holzbauunternehmen

Expertenworkshop diskutierte über Hemmnisse und Lösungen für Holzbauunternehmen
von Diana Wetzestein
18. November 2025_Herborn. Das Bürgerhaus Burg ist ein ausgezeichnetes Holz-Bauwerk. Und ein gutes Beispiel dafür, dass es sich als Holzbauunternehmen lohnt, an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen. Neben der Simon-Louis-du-Ry-Plakette kam es auch unter „Große Häuser, kleine Häuser: Ausgezeichnete Architektur in Hessen von 2013 bis 2018“ im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt groß raus. Dem Bürgerhaus wurde durch die Holztafelbauweise eine einladende und warme Atmosphäre zugeschrieben. Und das bei hoher Funktionalität.
Das Bürgerhaus bot den optimalen Ort für den 2. Expertenworkshop, „Hemmnisse (junger) Holzbauunternehmen in Hessen – Erfahrungsaustausch und Perspektiven“, der im Rahmen der Holzbauoffensive Hessen Mitte November durchgeführt wurde. Die interdisziplinäre Runde aus Planern und Architekten, Zimmerern, Vertretern von Holzbau Deutschland Verbands Hessischer Zimmermeister e.V. sowie der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen. Auch das Hessischen Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat beteiligte sich daran, unter der Moderation von Eveline Siehler, Müller + Partner Unternehmensberatung aus Ulm, Lösungsvorschläge zu erarbeiten, um diese Hemmnisse abzubauen.
Unterschiedliche Bedürfnisse und Kooperationsbereitschaften mussten bei den Überlegungen zusammengeführt werden. Gemeinschaftliche Strukturen, Spezialisierung und eine zentrale Organisation von Ressourcen können Lösungsansätze sein, gleichzeitig braucht es eine modernere Außendarstellung, um den Fachkräftemangel zu reduzieren.
Auch der Digitalisierungsprozess böte große Potenziale, brauche allerdings Standards, abgestimmte Unterstützung und pragmatische Umsetzungsschritte. Die Weiterentwicklung der Typengenehmigung und Qualifizierung der Zimmermeister sahen die Workshopteilnehmenden als zentralen Hebel, um Qualität und Effizienz im Holzbau zu steigern. Kleine Betriebe benötigten dafür unterstützende Strukturen und Zugang zu Fachkräften.
Entscheidend für die Qualität und Innovation seien aber strukturierte und standardisierte Ausschreibungen. Diese sollten regionale Bauweisen berücksichtigen und klare Anforderungen stellen. Um Kommunen für das eigene Potenzial zu sensibilisieren, schlugen die Experten auch Exkursionen zu gelungenen Holzbauprojekten vor.
Während des Workshops wurden die folgenden vier Leitfragen bearbeitet, die am Ende mit konkreten „Ersten Schritten“ festgehalten wurden.
1. Wie können kleine und mittlere Holzbauunternehmen in Hessen organisatorisch, personell und technisch so aufgestellt werden, dass sie auch größere oder komplexere Bauprojekte souverän bearbeiten und sich erfolgreich an Ausschreibungen beteiligen können?
Viele Unternehmen seien mit ihrer Auftragslage zufrieden, die Überarbeitung betrieblicher Abläufe oder der Weg in Richtung kooperativer Modelle hätten viele damit nicht im Blick. Die Teilnehmenden sehen die Herausforderungen eher beim Fachkräftemangel oder einer Betriebsnachfolge bei derzeit hoher Arbeitsauslastung.
Der Großteil der Aufträge stamme aus Bauvorhaben privater Auftraggeber aus der Region, sie gelten als verlässlich. Kleinere Betriebe mieden daher oft größere Projekte oder Kooperationen. Zimmerleute seien in öffentlichen und größeren Projektaufträgen unterrepräsentiert, obwohl diese innovativ und wirtschaftlich bedeutend sind.
Erste Schritte: Die Workshopteilnehmenden sprechen sich für die Zusammenarbeit kleinerer Betriebe aus. Arbeitsgemeinschaften können Kräfte bündeln, gemeinsame Projekte ermöglichen und die Marktpräsenz erhöhen. Der Verband könne zudem Betriebe vernetzen und bei Ausschreibungen unterstützen. Die Außendarstellung des Berufsbildes sei wichtig, insbesondere im Hinblick auf moderne Holzbautechniken und Arbeitsbedingungen. Im Rahmen der Holzbauoffensive werde zunehmend auf größere Projekte gesetzt, was spezialisierten Betrieben neue Chancen eröffne. Die Innung solle als Plattform für Kooperation gestärkt, ein aktives Miteinander vorgelebt werden. Innungsleben auf Augenhöhe, das ermögliche gegenseitige Unterstützung und schaffe Vertrauen.
2. Welche konkreten digitalen Werkzeuge, Prozesse oder Unterstützungsstrukturen benötigen hessische Holzbaubetriebe, um effizienter zu planen, zu kalkulieren und im Wettbewerb mit größeren Unternehmen bestehen zu können?
Bei der digitalen Übergabe von Planungsdaten zwischen Architekten, Tragwerksplanern und Holzbauunternehmen wurden hier Schwierigkeiten gesehen. Planungsdateien seien oft nur eingeschränkt verwertbar und müssen nachbearbeitet werden, das erzeuge Mehraufwand. Planungsdaten sollten standardisiert, klar und frühzeitig abgestimmt werden – inklusive Fertigungsdetails und Kostenrahmen. Den Unternehmen könnten Handlungsempfehlungen und Prozessleitfäden für digitale Abläufe bei der Umsetzung helfen. Förderprogramme sollten besonders kleinere Betriebe beim Digitalisierungsprozess unterstützen.
Erste Schritte: Dass der Digitalisierungsprozess große Potenziale bietet, scheint allen klar zu sein. Um diese zu nutzen, müssten kurzfristig klare und standardisierte Leistungsbilder entwickelt und kommuniziert werden. Außerdem wird die Einführung eines einheitlichen BIM-Referenzprozesses für Holzbauprojekte empfohlen. Betriebe und Planer könnten durch Handlungsleitfäden und konkrete Arbeitspakete bei der Digitalisierung unterstützt werden. Dazu zählen auch Schulungsangebote zur Unterstützung für den digitalen Einstieg.
3. Wie kann eine systematische Typengenehmigung für Holzbauarten dazu beitragen, Planungs- und Genehmigungsprozesse zu vereinfachen und insbesondere kleinen und mittleren Betrieben den Zugang zu öffentlichen Bauprojekten erleichtern?
Holzbauprojekte beginnen oft mit hohem Planungsaufwand und vielen Unsicherheiten. Das liege daran, dass es nur wenige standardisierte Anschlusslösungen und Details gebe. Für den Brandschutz fehlten - trotz neuer Richtlinie - vielfach anwendbare Lösungen. Zudem seien Qualifikationen begrenzt, die über die des Zimmermeisterniveaus hinaus gingen. Spezialisierte Holzbau-Studiengänge, in Hessen seien sie kaum vorhanden. Auch seien Planer mit Holzbaukompetenz unterrepräsentiert. Statische Berechnungen am Holzbau würden häufig von Fachleuten ohne Holzbauerfahrung durchgeführt, was zu Abstimmungsprobleme führe. Die digitale Ausführungsplanung erfolge oft separat durch Holzbauunternehmen, was zu zusätzlichem Aufwand führt.
Erste Schritte: Die Qualifizierungsangebote für Holzbauingenieure und Planer sollten ausgebaut, technische Details und Bauteilaufbauten mit bauphysikalischen Angaben standardisiert werden. Die Informationsangebote zu neuen Richtlinien und Studiengängen sollten erweitert werden. Besonders die Kooperation und Kommunikation zwischen Planung, Statik und Ausführenden müssten verbessert, kleinere Betriebe durch Kooperationen und Spezialisten-Pools unterstützt werden, da diesen Strukturen und Zugang zu Fachkräften oftmals fehlten.
4. Welche Maßnahmen sind notwendig, um die Teilnahmechancen kleiner und mittlerer Holzbauunternehmen an öffentlichen Ausschreibungen zu verbessern und ihre Stärken im regionalen, nachhaltigen Bauen sichtbar zu machen?
Vereinfachung und erhöhte Verständlichkeit der Ausschreibungen wäre eine Lösung. Durch kleinteiligere Ausschreibungen könnten sich spezialisierte und regionale Betriebe besser beteiligen. Gleichzeitig steige die Qualität der Produkte, da nicht ein einzelnes Unternehmen alle Gewerke abdecken müsse. Auch könnten serielle und modulare Bauweisen Ausschreibungen vereinfachen und regionale Wertschöpfung stärken. Frühzeitige Einbindung von Holzbaukompetenz verbessert Qualität und Kostenkontrolle.
Erste Schritte: Es sollten standardisierte Ausschreibungs- und Vergabeverfahren entwickelt werden, die die Besonderheiten des Holzbaus berücksichtigen. Gleichzeitig müssten kleinteiligere Ausschreibungen geprüft werden, um die Qualität zu sichern und regionale Unternehmen einzubinden. Holzbaukompetenz sollte frühzeitig in die Planung integriert werden. Informationsarbeit bei öffentlichen Entscheidungsträgern muss intensiviert werden.
Aus den Ergebnissen, die auch realistische Zielbilder und Akteure benennen, sollen nun „explorative Pakete“ geschnürt werden. „Die Vorschläge müssen mit den betreffenden Akteuren auf ihre Machbarkeit und Ausführbarkeit geprüft werden, damit alle am Prozess beteiligten Gruppen gemeinsam den besten Weg für den Holzbau finden“, sagte Rebekka Große-Brauckmann am Ende des 2. Expertenworkshops.


Ein herzliches Dankeschön
an alle Mitwirkenden für die offenen Einblicke
und den inspirierenden Austausch!

