Der Anblick ähnelt dem Betriebsgelände eines Energieversorgers. Rauch steigt aus den Schornsteinen auf und tatsächlich werden hier aus Holzresten Wärme und Energie erzeugt. Und zwar für das eigene Werk der EGGER Gruppe in Brilon. Es ist einer von 18 Standorten eines besonderen Familienunternehmens, das in acht Ländern dieser Welt zusammen mehr als 9.000 Mitarbeiter aus 50 Nationen beschäftigt.
Der Gebietsverkaufsleiter Deutschland Mitte, Manuel Beib, erlebt "EGGER als sympathisches Familienunternehmen", wie er den Mitgliedern der Clusterinitiative "pro holzbau hessen" sagte, die von ihm in den Geschäftsräumen in Brilon zum 5. Werkstattgespräch empfangen wurden und interessante Informationen zur Entwicklung der EGGER Gruppe erhielten.
Besondere Partner wie die Firma EGGER für das Cluster zu gewinnen, sie zu vernetzen und den Holzbau in Hessen und Deutschland voranzutreiben, ist das Ziel von pro holzbau hessen. Projektleiter Heinz Moering und Walter Maiß, stellvertretender Vorsitzender des Clusters, nahmen die Einladung der Firma EGGER gerne wahr und bekamen neben einem Rundgang durch einen kleinen Teil des Standortes Brilon vor allem interessante Hintergründe zur maschinellen Festigkeitssortierung von tragendem Schnittholz geliefert.
Manuel Beib berichtete, dass die EGGER Gruppe pro Jahr 7,9 Millionen Kubikmeter Holz verarbeitet. „76 Prozent davon werden zu Möbel- und Innenausbauteilen, 13 Prozent zu Fußboden- und 11 Prozent zu Bauprodukten, wie OSB-, und DHF-Platten, Dachlatten, Konstruktionsvollholz oder Kanthölzern“, so Beib. Damit macht EGGER rund 2,4 Milliarden Euro Umsatz, stetig gewachsen aus der Herstellung der Spanplatte, die von Fritz Egger sen. 1961 in St. Johann i. T. in Österreich produziert wurde. "Das Stammhaus der EGGER Gruppe ist ein repräsentatives Holzgebäude, an dem 3.115 Kubikmeter Holz verbaut wurden. Es ist der größte vierstöckige Holzbau in Österreich mit einem Fahrstuhlschacht aus 40 Zentimeter starken, verleimten OSB Platten", so Beib.
Hubertus Becker, staatlich geprüfter Holzbetriebswirt und im Egger Sägewerk Brilon Geschäftsführer und Werksleiter Verkauf, führte die Gruppe im Anschluss durch die Sägehalle und das Hobelwerk. Dabei wurden nicht nur die Dimensionen des Unternehmens sichtbar, sondern vor allem die enormen Geschwindigkeiten, mit denen jedes Stück Holz vorangetrieben und am Ende in einem Stapel verpackt und markiert für den Abtransport bereitgestellt wird. "EGGER hat die schnellste Lattenbündelungsanlage der Welt, aber trotz hoher Geschwindigkeiten, wird die Qualitätssicherung garantiert", so Becker. Damit hat sich EGGER den Ruf geschaffen, "die etwas andere Dachlatte" produzieren zu können. Es ist ein Produkt, das rechtlich Sicherheit schafft
Die verschiedenen Möglichkeiten der maschinellen Sortierung für tragendes Schnittholz nach EN 14081-1 erläuterte im Anschluss der gelernte Zimmermann und Holzingenieur Moritz Steinruck. "Neben der Zulassung durch die BG Bau und Verbände, einer roten Stirnmarkierung, dem CE-Kennzeichen auf jeder einzelnen Latte oder der jederzeit abrufbaren Leistungserklärung, werden die Begleitdokumente jedem Paket beigelegt, denn die muss der Handwerker auf der Baustelle in Papierform vorhalten", erklärte der Leiter des Produktmanagements für Bauprodukte nach dem Rundgang.
EGGER ist den Mitbewerbern offenbar um Längen voraus. In 90 Prozent der europäischen Sägewerke werde demnach visuell sortiert, unter Berücksichtigung der DIN 4074-1. "Sie fragt beispielsweise nur ab, ob der Ast größer als eine Hälfte der Breite ist", erklärte Steinruck. In nur zehn Prozent der Betriebe würde die maschinelle Sortierung eingesetzt, damit können auch die Festigkeiten maschinell festgestellt werden, so Steinruck. "In Europa ist man beim Sortieren damit noch in der Steinzeit", sagte er. EGGER setzt bereits auf modernste Röntgen- oder Lasertechnik, ein sogenanntes "Goldeneye" des Herstellers Microtec lässt ins Innere des Holzes blicken und das Wachstum der Äste und Fasern erkennen. Damit macht es die Schwachstellen im Querschnitt sichtbar. Der Vorteil dieser maschinellen Sortierung ist aber die Kontrolle. Die Einstellwerte für die zertifizierte Anlage werden alle 24 Stunden anhand von Kontrollbrettern überprüft. Zudem wird zweimal jährlich alles von einem externen Zertifizierungsunternehmen überprüft, inklusive der Daten.
"Für jedes Stück Schnittholz, für jedes Bauholz braucht es verschiedene Festigkeitsklassen. Mit unserer Sortierung können wir bestimmte Festigkeiten gewährleisten, damit Planer und Statiker damit rechnen können", so Steinruck. Der Weg dorthin beginnt bereits am Rundholzplatz, wo jeder einzelne Stamm nach Länge und Stärke vorsortiert wird. Danach erfolgt eine erste maschinelle Sortierung auf Äste und deren Lage, die Position von Faulholz, Jahresringabstand, Kernholz, Fremdkörper und den Durchmesser der Rinde. Der Stamm, der im Sägewerk zur Weiterverarbeitung ankommt, wurde zuvor bereits von allen Seiten gescannt und so positioniert, dass jedes Stück aus einem Stamm die optimale Festigkeit hat. Die Latten und anderes Bauholz werden mit einer Wiederholgenauigkeit von annähernd 100 Prozent exakt auf allen vier Seiten kontrolliert und aussortiert. Danach wird visuell kontrolliert, indem die Mitarbeiter innerhalb kürzester Zeit nicht festigkeitsbeeinflussende Fehler erkennen. Der Mensch bleibt also Teil der Fertigung.
Derlei Einblicke in ein Unternehmen wie EGGER zeigten, dass "der Holzbau ein weites Aufgabenfeld ist, die Modernisierung und Automatisierung immer schneller voranschreitet", so Walter Maiß am Ende des Werkstattgespräches. Wichtig sei es, den Wald weiterhin als Grundlage für den Rohstoff nutzen zu können, dafür müsse die Politik die richtigen Weichen stellen.
Um es den Politikern leichter zu machen, wolle man einen Masterplan Holzbau in Hessen aufbauen, erklärte Heinz Moering. "Das müssen wir gemeinsam machen, mit Forst und Universität, mit Sägewerk und Handwerk. Weil dort eine Strategie notwendig ist, um nicht wieder ins Abseits gedrängt zu werden", sagte der Projektleiter und konnte bereits auf das 6. Werkstattgespräch im Juni hinweisen.