Frei Fahrt für den Holzbau
30 Expertinnen und Experten arbeiten an Fragen zur Optimierung im Holzbau
von Diana Wetzestein
Kassel. In dieser Stadt steckt Holzbau-Kompetenz. Das Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes (BUBIZA), Holzbau Deutschland – Verband Hessischer Zimmermeister sowie pro holzbau hessen (phh) sind unter einer Adresse zu finden. Die Universität Kassel ist eine gute Adresse für Wissenschaft und Bildung in Nordhessen, die Technische Hochschule Mittelhessen und die Hochschule Rhein-Main sind in Mittel- und Südhessen. Hessenforst, Holzbau- und Sägebetriebe, Architektur- und Planungsbüros bilden einen großen Teil der Wertschöpfungskette ab. In allen Büros, auf den Baustellen oder den Institutionen arbeiten Menschen, die neue, auch digitalisierte Wege gehen und dabei den Ressourcenverbrauch, Energieeffizienz und Klimaschutz berücksichtigen.
„Wir wollen alle Expertisen nutzen und Hemmnisse von Holz im Bauwesen beleuchten“, sagte Alexander Hohbein, Geschäftsführer phh, Ende Oktober im Renthof zu 30 Expertinnen und Experten aus ganz Hessen eines Expertenworkshops. Auch Vertreter des Hessischen Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt, der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (AKH), der LEA LandesEnergieAgentur Hessen, HessenForst und vom Landkreis Kassel, teilten ihre Erfahrungen mit Teilnehmenden aus den Bereichen Handwerk, Architektur, Forstwirtschaft, Forschung, Bildung und Politik. Dafür hatten sie sechs Stunden Zeit.
Unter der Moderation von Eveline Siehler, Müller + Partner Unternehmensberatung aus Ulm, wurde der arbeitsreiche Tagesablauf sinnvoll strukturiert und auf die Minute genau durchgeführt. Denn am Ende sollten Hemmnisse bei der Verwendung von Holz im Bauwesen in Hessen benannt und priorisiert, die Ergebnisse ans Hessischen Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat (HMLU) geliefert und bestenfalls in die Hessische Bauordnung (HBO) aufgenommen werden. Und diese zeitgemäßer machen.
Angesprochen wurden rechtliche Rahmenbedingungen für die Bildung von Arbeitsgemeinschaften im Holzbau, Vereinfachung von DIN-Normen und Auflagen oder System- statt Einzelfalllösungen für den Brandschutz. Ein Ergebnis: Die Hessische Bauordnung (HBO) kann mit den Strukturen moderner Bauprozesse nicht mehr Schritt halten, Änderungen sind dringend notwendig.
„Im Holzbau ist vieles leider immer noch extrem schwierig und komplex. Wir stoßen auf deutschland- und europaweite Regularien und müssen uns immer wieder intensiv in die Einzelthematiken einarbeiten“, sagte Dipl.-Ing. Thomas Meyer von KM-Architekten mit Büro im Hallenbad Ost. Es müsse auf allen Ebenen versucht werden, die Prozesse im Holzbau zu vereinfachen, da die CO2-Neutralität ein Ziel sei und auf nachwachsende Rohstoffe wie Holz, Stroh oder Lehm nicht werde verzichtet könne. Und die Ergebnisse dieser Expertenrunde könnten durchaus etwas erreichen, da sich die HBO gerade im Reformprozess befinde.
„Die Hemmnisse sehe ich ganz klar darin, dass wir das Potenzial des Holzbaus, die Möglichkeiten, die wir heute schon haben, nicht nutzen. Wir unterteilen den Bauprozess immer noch in Rohbau, Ausbau und Fertigstellung, denken in verschiedenen Gewerken“, sagte Dipl.-Ing. Christoph Harney. Der Architekt und gelernte Schreiner, der in der Kasseler Bauwelt mit dem Bau eines Strohballenhauses für Aufsehen sorgte, ist von den Eigenschaften nachwachsender Rohstoffe am Bau fasziniert. „Wir können heute einen Holzbau mit Wänden bauen, die Feuchtigkeit aufnehmen und abgeben können und trotzdem modernen Wohnraum bieten. Es hat sich so viel getan im Holzbau, die Vorfertigung ist präzise, Planungsleistungen werden im Architekturbüro und in der Zimmerei erbracht, wir lösen bereits die einzelnen Gewerke auf und arbeiten zusammen. Das Baurecht kommt mit der Entwicklung nicht mehr mit“, sagte er.
Auch Alexander Hohbein wünscht sich mehr Effizienz im Holzbau, da die Ressource Holz in den kommenden Jahrzehnten eine Hauptrolle bei der Klimadebatte spielen werde. Bereits 2015 wurde die Holzbau-Clusterinitiative pro holzbau hessen (phh) in Kassel gegründet, um Menschen und deren Know-how an der Optimierung des Holzbauwesens zu beteiligen. „Letztes Jahr wurde die Holzbauoffensive Hessen vorgestellt, die wir gemeinsam mit der AKH auf den Weg gebracht haben. Seit 2024 sind wir in der Umsetzung und müssen einen Work-Flow im Holzbau hinbekommen, der es möglich macht, einen guten Weg einzuschlagen“, so Hohbein. Die Ergebnisse aus dem Workshop sollen die Grundlage liefern. Die ausgemachten „Hemmnisse bei der Verwendung von Holz im Bauwesen in Hessen“ werden bis zum Herbst 2025 ausgearbeitet und sollen dann zum Abbau derselben beitragen.