März 2017_Kassel - Diana Wetzestein
Ökologisches und nachhaltiges Bauen - mit Holz ist das immer schon möglich. Das "Multitalent" ist seit Jahrtausenden der wichtigste Baustoff der Menschheit.
Aus ihm können mehrstöckige Häuser, Brücken, Boote, Autos, Gegenstände des täglichen Bedarfs, ja sogar Fahrstuhlschächte oder die Masten einer Windkraftanlage gebaut werden. Während in den vergangenen Jahrhunderten die konstruktiven Eigenschaften der geraden Hölzer durch Zimmermeister, Architekten und Statiker weiterentwickelt werden konnten, sollen heute die positiven Eigenschaften einzelner Bestandteile genutzt und diese mit andern Materialien, Technologien und Anwendungsbereichen kombiniert werden. Die Bioökonomie beschreibt die Suche nach Konzepten zur Nutzung biologischer Ressourcen und schlägt eine Brücke zwischen Technologie, Ökologie und effizienter Wirtschaft. Die Themen des "Praxisworkshops biobasierte Baumaterialien" schlugen eine Holz-Brücke vom Potential im Materialmix, über Papierbauten, Holz als Kunststoff, dem Furnierschichtholz aus Buche, das sogar Faltwerkdecken möglich macht, wenn die Holzverbindungen optimiert werden können. Dass die Potentiale für den Holzbau enorm sind und die Zeit für eine Holzkonjunktur da ist, zeigt die Holzbauquote von derzeit 20 Prozent in Hessen und nur 16 Prozent in Deutschland. Diese müssten im Hinblick auf den Klimaschutz noch gesteigert werden, was gelingen kann, wenn Rohstoffversorgung, Handwerk, Holz- und Sägeindustrie, Forschung und Genehmigungsbehörden gut zusammenarbeiten. Holz ist ökonomisch und konstruktiv die richtige Alternative zum Betonbau. Die Gewinner dieser Bioökonomie sind die Umwelt, die Holzerzeuger und die gesamte Holzwirtschaft, so das Resümee der Veranstaltung.
Über 40 Teilnehmer nahmen das Angebot der Hessen Trade & Invest an und diskutierten mit. Im SciencePark Kassel begrüßte Dr. Detlef Terzenbach die Zimmerermeister, Planer, Entwickler, Vertreter der Institutionen, die an der Holzwirtschaft oder der Holzwissenschaft beteiligt sind. Innovative Entwicklungen wurden vorgestellt und der Wunsch geäußert, gemeinsam neue Anwendungsgebiete zu erschließen. Prof. Dr. Leander Bathon von der Hochschule Rhein-Main rief in seinem Impulsvortrag dazu auf, in Zukunft den Materialmix zu optimieren. Er stellte freitragende Treppenkonstruktionen und den Timber Tower vor, sprach über die Standfestigkeit mehrgeschossiger Holzbauten in Erdbebengebieten und Decken, die aus Holz und Beton im Verbund einfach besser sind. "Wenn wir CO2-neutraler in der Zukunft arbeiten wollen, müssen wir mehr Holz am Bau einsetzen", sagte er. Auch Dr. Ulrike Niedner-Kalthoff vom Hessischen Wirtschaftsministerium sowie Prof. Dr. Achim Vogelsberg Heinz Moering ür das Holzbau Cluster Hessen diskutierten mit. Einer Steigerung der Holzbauquote und Innovationen aus Holz steht nichts im Wege, wenn die Ergebnisse, wie sie dieser Workshop hervorbrachte, optimal zusammengeführt werden. Das machte die abschließende Podiumsdiskussion deutlich, bei der auch Lars Schmidt, Landesbeirat Holz Hessen e. V. und Bundesverband Deutsche Säge- und Holzindustrie e. V. unter der Moderation von Denny Ohnesorge, Geschäftsführer Deutscher Holzwirtschaftsrat e. V. und Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rohholzverbraucher e. V., mitdiskutierte. Holz ist immerhin der einzige Baustoff, der immer wieder nachwächst.
Die Podiumsdiskussion unter der Moderation von Dr. Denny Ohnesorge (Deutsche Holzwirtschaft e. V. und Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher e. V.), brachte Martin Seelinger, Lars Schmidt (Bundesverband Deutsche Säge- und Holzindustrie e. V. und Landesbeirat Holz Hessen e. V.), Jörg van der Heide (Leiter des Forstbetriebes bei Hessen-Forst), Peter Hellmuth (Verband Hessischer Zimmermeister e. V.) und Susanne Vogt (Hessisches Ministerium für Energie, Verkehr und Landesentwicklung) in die Diskussion um Holz und biobasierte Werkstoffe. Von 702 mehrgeschossigen Bauten in Hessen wurden in den Jahren 2010 bis 2012 nur neun im Holzbau realisiert, das sind gerade einmal 1,3 Prozent. Umso wichtiger seien derlei Veranstaltungen, sagte Susanne Vogt. Die Hessische Landesregierung sei als Oberste Landesbehörde der Bauaufsicht "sehr an einer Weiterentwicklung des Holzbaus interessiert und hat auch schon viel gemacht", sagte sie.
Jörg van der Heide, stellte Holz als Grundlage der biobasierten Wirtschaft heraus. "Wir werden international um die guten Standortfaktoren beneidet, im europäischen Vergleich haben unsere Wälder die größten Holzvorräte, die nachhaltig bewirtschaftet werden", so van der Heide. Mehr Holzbauten zu realisieren und Leuchtturmprojekte aus eigenen Ressourcen zu bauen, ist sein Wunsch.
Dabei müsse die Rohstoffversorgung gewährleistet sein. "Das Aufkommen und die Nutzung des Holzes muss man klar trennen", sagte Lars Schmidt. Beim Schnittholz sei Deutschland Importeur und Exporteur, dabei könnte noch viel mehr in Deutschland eingesetzt werden. "Im Sägewerk fallen 40 Prozent Nebenprodukte an, dafür suchen wir nach stofflichen Verwendungsbereichen. Die Bioökonomie macht uns große Hoffnungen", so Schmidt.
Sie reden nicht über Bioökonomie, sie setzen es um. Zimmermeister Peter Hellmuth nennt Holz und Holzprodukte "die gesündesten Baustoffe." Das ökologische Bauen mit Holz sei aber immer noch etwas teurer als der Massivbau und auch darum noch nicht für die Mehrzahl der Bauherren attraktiv. "Wir brauchen mehr konstruktive Gespräche zwischen Bauämtern und Handwerkern, damit sich der Holzbau endlich frei entwickeln kann", sagte er. Neue Fachgebiete zu schaffen und den Focus stärker auf den Holzbau zu lenken, ist der Wunsch von Martin Seelinger. Dann kann die Bioökonomie weiterwachsen. Denn es ist sicher, dass mehr Holzbau gebraucht wird.