Hausbesuch "bei FingerHaus"
"Die Ausschreibungsverfahren sollten auch für den Holz-Fertigbau geöffnet werden."
Zitat: Dr. Mathias Schäfer
Januar 2017_Frankenberg - Diana Wetzestein
Selbstverständlich aus Holz
Modern, elegant und mit viel Glas, so zeigt sich das Bürogebäude der FingerHaus GmbH. Dass hinter der hellen Fassade ein moderner Fachwerkbau steckt, ist für den Besucher erst einmal nicht erkennbar. Aber genau das machen FingerHaus und deren Produkte aus. Der Weg vom Empfang im Erdgeschoss des Gebäudes bis zum Büro in der ersten Etage führt durch Ausstellungsräume mit verschiedenen Heiztechniken, Beleuchtung, Badelandschaften, Boden- und Wandgestaltung und Treppen. Das gesamte Angebot eines Unternehmens, das schlüsselfertig bauen kann.
Mathias Schäfer und Klaus Cronau sind Geschäftsführer des mittelständischen Unternehmens. Im Gespräch mit Heinz Moering, Geschäftsführer des Holzbau Cluster Hessen (HCH), stellte Dr. Schäfer seine Sicht auf den modernen Holzbau vor. "Der demografische Wandel fordert von uns allen ein Umdenken und flexibles Handeln", sagte er. Das klassische Einfamilienhaus macht zwar nach wie vor ein Auftragsvolumen von 98 Prozent aus. Das werde sich aber in den nächsten Jahren verändern, dann seien es zunehmend Bauprojekte in Großstädten, wo Baugrundstücke teuer oder schlichtweg nicht mehr vorhanden seien. Dort werden dann Bestandsbauten mit Holzbauten aufgestockt, verdichtete Quartiere errichtet oder zunehmend auch mit Holz in die Höhe gebaut. FingerHaus geht in großen Schritten einem aussichtsreichen Markt entgegen, der eine Betriebserweiterung mit sich bringt. "Einerseits gibt es den schrumpfenden Markt im ländlichen Raum und andererseits jetzt die Chance, in Ballungszentren Marktanteile zu gewinnen, wo der Bedarf auch künftig sehr groß ist", so Schäfer.
Dafür ist der Unternehmer gemeinsam mit seinem Kollegen für derzeit 661 Mitarbeiter immer weiter auf der Suche nach guten Netzwerken und begrüßt auch die Arbeit des HCH. "Wir können die verschiedenen Interessen der Clustermitglieder aus Handel, Handwerk, Industrie und Forschung bündeln und klare Botschaften an die politischen Entscheider schicken", so Schäfer. Denn das Bauen mit Holz habe es bereits auf die politische Agenda geschafft. Als ein Vorstandsmitglied im Bundesverbandes Deutscher Fertigbau ist er immer ganz nah dran, wenn es um die Themen und Interessen der Branche geht. Auch europaweit ist Schäfer gut informiert, allein schon durch die Vorstandsarbeit im CEI-Bois, dem Spitzenverband der gesamten europäischen Holzindustrie. Demnach habe der Stellenwert von Holz in der Diskussion um Nachhaltigkeit und begrenzte Ressourcen zugenommen. "In Brüssel sind die Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Energieeffizienz gesetzt, diese Welle hat uns hier schon erreicht. Und auch die nächste Welle, Nullenergie und Nullverbrauch-Standard sowie ein verantwortungsvollerer Umgang mit den natürlichen Ressourcen, rollt schon auf Deutschland zu. Damit müssen wir uns auseinandersetzen und das Holz immer wieder ins Gespräch bringen", sagte er.
Hier könnte Hessen die Wertschöpfungskette tatsächlich noch optimieren und bei den Berechnungen der Klimaschutzzahlen könnte Holz als CO2-Speicher noch mehr punkten. FingerHaus präsentiert auf seiner Internetseite diese gute Ökobilanz. Ein Kubikmeter Holz bindet eine Tonne CO2, die während der Photosynthese aus der Luft und dem Boden aufgenommen und zu der Biomasse umgewandelt werden. Für ein Finger-Haus wären das 20 bis 25 Tonnen gespeichertes CO2, die durch das verbaute Holz für Generationen im Gebäude gespeichert werden. Diese enorme Speicherleistung findet innerhalb der Klimapolitik noch keine ausreichende Berücksichtigung, hier könnte das HCH eine klare Botschaft senden.
"Wir müssen uns alle viel mehr mit diesen Themen befassen, weil Umwelt- und Klimaschutz es jetzt dringend brauchen", so Schäfer, der die Perspektiven des Holzbaus noch nicht ausreichend dargestellt sieht. "Holz wird als Baustoff häufig diskriminiert durch Bauordnungen oder Brandschutzauflagen der Länder. Dabei sind unsere Gebäude nicht gefährlicher als andere", sagte er und wies darauf hin, dass bei öffentlichen Ausschreibungen für Kindertagesstätten oder Schulen ein schlüsselfertiger Bau von FingerHaus oder einem Mitbewerber chancenlos sei. Die Ausschreibungen seien von vorneherein auf Stein und Beton und einzelne Gewerke ausgerichtet. Holz-Fertigbauunternehmen, die schlüsselfertig Gebäude bauen, differenzieren aber gar nicht mehr nach Teilgewerken, sie geben einen Komplettpreis ab und übernehmen die Gesamtverantwortung für die Planung und Ausführung.
"Die Ausschreibungsverfahren sollten auch für den Holz-Fertigbau geöffnet werden, dafür müssen Hürden abgebaut werden und der politische Wille da sein, am Bau mehr Holz einzusetzen", so Schäfer. Ob das Wissen über das Angebot der Fertighausbauer den Verantwortlichen der Behörden überhaupt bekannt sei, gab Heinz Moering zu bedenken. "Wer mehr Klimaschutz will, muss mehr Holz verbauen. Wir müssen über das Cluster diesen Gedanken in die Köpfe der Verbraucher und Behördenmitarbeiter bringen", sagte er.
Die Energiebilanz von Holz ist positiv. Die Vorteile liegen auf der Hand. Dennoch muss von der Politik auch weiterhin ein Anreiz geschaffen werden, was den Holzbau angeht. "Das Thema Energieeffizienz ist uns entgegengekommen. Es hat uns zusätzliche Marktanteile gebracht. Über die Holzkonstruktion können wir die Förderstufen Effizienzhaus 40 und 40+ leichter erreichen, als die Massivbauer", sagte Schäfer. Etwa 23 Prozent der Neubauten bestünden aus Holz, aber 77 Prozent würden in Hessen immer noch aus Stein oder Beton gebaut. "Aber das zentrale Verbandsgebäude des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau in Berlin wird in Holzbauweise entstehen", erzählte Schäfer und zeigte erste Entwürfe des futuristisch anmutenden Holzbaus, der verdeutlicht, was mit dem Baustoff Holz alles möglich ist.
Aktuell und sehr realistisch werden dreigeschossige Holz-Häuser über die FingerWohnbau GmbH im Rhein-Main Gebiet entwickelt und beworben. Sie heißen Dreieich pur und Karben pur, vermitteln das Wohnen im Grünen, mitten in der Stadt und signalisieren das Angekommen sein. Letzteres scheint eine neue Ära des Unternehmens FingerHaus, dessen Wurzeln vor 195 Jahren in Zimmerei und Sägewerk zu finden sind. Die nachfolgenden Generationen waren mutig genug, immer auch auf wirtschaftliche Entwicklungen zu reagieren, zu investieren und in die Zukunft zu denken. Die Erfahrung und das langsame, gesunde Wachstum dieser Firma bilden ein gutes Grundgerüst für die weitere Entwicklung. Für das HCH ist Mathias Schäfer ein starker Partner, der die gesamte Wertschöpfungskette weiter voranbringen und unterstützen will. Modern und eloquent, ganz wie das Unternehmen FingerHaus.
Profil:
- Dr. Mathias Schäfer
- Jahrgang: 1974
- Geburtsort: Marburg-Wehrda
- Beruflicher Werdegang: Studium der Rechtswissenschaften, Anwalt, Syndikus
- Im Holzbau Cluster seit: 16.09.2015
Engagement fürs HCH:
- Multiplikator und Ansprechpartner sein
- Betriebsbesichtigung
- Mitwirkung an Ausstellungen
- Kontakt zur Europäischen Holzwirtschaft