Dipl.-Ök. Matthias Günther
- ISP Eduard Pestel Institut für Systemforschung
Wohnungsbaupotenziale Potentiale durch Aufstockung von Wohngebäuden -
Aufstockung und Umnutzung von Nichtwohngebäuden
1,1 bis 1,5 Millionen Wohneinheiten (WE) könnten auf Wohngebäuden der 1950er bis 1990er Jahre entstehen; 20.000 WE oder soziale Infrastruktur auf Parkhäusern der Innenstädte; 560.00 WE durch Aufstockung sowie 350.000 WE von Umnutzung von leerstehenden Büro- oder Verwaltungsgebäuden; 400.000 WE auf Flächen von eingeschossigem Einzelhandel, Discountern und Märkten bei Erhalt der Verkaufsflächen. Damit stehen theoretisch Flächen für 2,3 bis 2,7 Millionen Wohnungen zur Verfügung. „Die Aufstockung bietet eine Möglichkeit, neue Wohnungen zu schaffen, ohne neue Baulandflächen auszuweisen. Da aktuell nur wenig baureife Flächen zur Verfügung stehen, könnten Aufstockungen unmittelbar einen erheblichen Beitrag zum Abbau des Wohnungsmangels leisten“, so Günther.
Fläche ist nicht vermehrbar, diese würde aber immer mehr versiegelt. Der Ansturm auf Flächen führe zur ständigen Verteuerung und zum Verlust landwirtschaftlicher Flächen, wie Günther den Ergebnissen zweier Studien voranstellte. Basis seiner Ausführungen sind zwei Untersuchungen, die gemeinsam mit der TU Darmstadt erarbeitet worden waren. 2015 wurde eine Deutschland-Studie über „Wohnraumpotentiale durch Aufstockung“ und 2019 eine weitere über „Wohnraumpotentiale in urbanen Lagen – Aufstockungen und Umnutzung von Nichtwohngebäuden“. An der zweiten Untersuchung habe Günther eigentlich schon gar nicht mehr mitarbeiten wollen, da die erste Untersuchung in der Politik zu keiner Reaktion geführt habe. „Von den von uns aufgezeigten Hemmnissen wurden keine weggeräumt“, sagte er.
Entgegen der Vorhersagen von zwei Bundesbauministern in den 80er und 90er Jahren, seien die Einwohnerzahlen in Deutschlang nicht zurückgegangen und würden wohl auch in naher Zukunft bei etwa 80 Millionen Einwohnern bleiben. Der Wohnungsbedarf bis zum Jahr 2025 liegt bei gut 400.000 Wohnungen pro Jahr. „Ohne weitere Erhöhungen der Förderung kann das Wohnungsdefizit nicht abgebaut werden, ein großer Teil des künftigen Bedarfs betrifft den Bereich des geförderten Wohnungsbaus“, so Günther.
Die Wohnraumsituation stehe in direkter Verbindung zur Bevölkerungsentwicklung. In den nördlichen Landkreisen Hessen, außer im Odenwaldkreis und der Stadt Kassel, seien die Einwohnerzahlen zurückgegangen, in Fulda und dem Rhein-Main-Gebiet hingegen stark angestiegen. Eine hervorragende Beschäftigungssituation und die hohe Zuwanderung nach Hessen träfen dort aber auf einen stagnierenden Wohnungsmarkt. „Besonders stark sind alle Randgruppen von dieser Situation betroffen, sie haben es besonders schwer, jetzt bezahlbaren und ausreichend großen Wohnraum zu finden“, so Günther. Der Wohnungsbau habe bis heute nicht angemessen auf die Zuwanderung reagieren können, dementsprechend fehle es an Wohnungen. Zwei zentrale Ziele des Bundesministeriums für Umwelt und Bau waren die Ausweitung des Wohnungsbaus und die Reduzierung des Flächenverbrauchs. Aufstockungen im Bestand würden diese Ziele in nahezu idealer Weise unterstützen. Vorausgesetzt, die gesetzlichen Grundlagen dafür würden endlich geschaffen.
Prof. Dr. Ing. Stefan Winter
- Technische Universität München,
bauart Konstruktions GmbH & Co. KG, Lauterbach-München-Darmstadt-Berlin:
Holzbau an der Hochhausgrenze - und darüber hinaus
Mit speziellen Holzbauteilen ist der Holzbau bis zur Hochhausgrenze (< 22 m) und darüber hinaus möglich. Prof. Winter hat selbst bereits mehrgeschossige Holzbauten konstruiert und gebaut. Als Prüfingenieur nimmt er immer wieder vorgefertigte Bauteile unter die Lupe. Er schaut genau hin, dem gelernten Zimmermann ist die Praxis auf der Baustelle aber auch geläufig. In seinem Vortrag zeigte er 18 und 24-geschossige Holzbauten aus Norwegen, Kanada und Österreich. Sie belegen, dass der Holzbau mittlerweile hoch hinausgeht. „Wir haben im Holzbau insbesondere durch die großen Brettsperrholzbauteile (BSP) alle Konstruktionsmerkmale und Bauteile zur Verfügung, die auch im Stahlbetonbau üblich sind“, so Prof. Winter. Der Holzbau habe sich technisch weiterentwickelt, der Einsatz von BSH oder Hochleistungsträger aus Buchenfurnierholz seien Meilensteine der Entwicklung. „In Europa werden heute 1,2 Millionen Kubikmeter BSP für den Holzbau produziert, vor 15 Jahren waren es nur 10.000 Kubikmeter“, so Winter.
Die Nachfrage nach BSP ist ein Indikator für steigende Holzbauquoten. Damit diese Bauten in allen Regionen sicher sind, müssen die Bauteile bestimmte Eigenschaften aufweisen. „Alle erforderlichen Bauteile, die auf dem deutschen Zugang auf dataholz.eu verfügbar sind, sind auch baurechtlich hinterlegt“, sagte Winter. Die Tragwerksplaner, Architekten, Holzwirtschaft, Industrie und Handwerk hätten ihre Hausaufgaben gemacht. Einzig die Normen, Bauordnungen und Verwaltungsvorschriften seien noch nicht hinterhergekommen.
„Bauteile müssen 90 Minuten feuerwiderstandsfähig sein, Lasten abtragen können, den Wärme- und Schallschutz erfüllen“, sagte er. Hilfreich sei ein Verbundsystem von Holz und nichtbrennbaren Schichten. Optimal wäre es, wenn in den kommenden Jahren über Deutschland hinweg verteilt Fertigbau-Firmen gebe, die Holzbeton-Verbunddecken im Werk herstellen könnten. Das könne sich auf die Arbeitsbedingungen an den Baustellen auswirken, die müssten in Zukunft verbessert werden. „Geht die Wirtschaft in den Ländern durch die Decke, aus denen die vielen guten Bauarbeiter derzeit kommen, haben wir ein Problem“, so Winter, der viele Baustellen als „archaisch“ und „die Arbeitsabläufe teilweise als nicht erträglich“ bezeichnete.
Es müsse gelingen, Bauteile und -arten in großen Mengen industriell herzustellen, die an der Baustelle „einfach“ montiert werden könnten und die baurechtlichen Bestimmungen erfüllten. Praktisch umsetzbar, mit rechtlicher Sicherheit für alle Projektbeteiligten und Überprüfbarkeit. Denn am Ende stelle sich die Frage: Wurde das gebaut, was geplant und genehmigt worden ist? „Wir brauchen eine vernünftige Qualitätssicherung in der Vorfertigung, das ist momentan auf Grundlage der derzeitigen technischen Regeln und Baubestimmungen kaum möglich. „Darum könnte man als Übergangsregelung beispielsweise den Feuerwiderstand und die Schutzzeit der Beplankung angeben, anstatt eine Kapselung zu fordern“, so Prof. Winter, der am Ende seines Vortrages daran erinnerte, dass der Holzbau sich derzeit zwar auf mehrgeschossiges Bauen und Aufstockungen konzentriere, aber auch noch viele andere Gebäude aus Holz gebaut werden könnten.
Prof. Tom Kaden
- Architektur und Holzbau TU Graz,
Kaden+Lager GmbH, Berlin
13 Jahre urbaner Holzbau
Seit 25 Jahren ist er im Holzbau unterwegs. Mit dem urbanen Holzbau in den Städten beschäftigt sich Prof. Tom Kaden seit nunmehr dreizehn Jahren. Geschuldet sei das der erheblichen Wohnungsnot in den Städten, vor allem im Bereich des sozialen Wohnungsbaus. Der Holzbau böte hier eine Lösung, die man sich nicht entgehen lassen könne. Vor allem mit einfacher Architektur und vorgefertigten Systemen könnten die Baukosten und Mietpreise geringgehalten werden, sagte er. Denn das wirke sich auf die Arbeitsabläufe an der Baustelle aus, Gerüststandzeiten würden verkürzt, das Gebäude könne schneller genutzt oder vermietet werden.
Ein Beispiel aus Berlin, bei dem der Vorfertigungsgrad knapp 90 Prozent betrug, bezifferte Prof. Kaden mit Baukosten von 2.150 Euro brutto pro Quadratmeter für den sozialen Wohnungsbau. Dabei habe man auf Funktionalität und nicht auf gnadenlose Individualität gesetzt. So wurde am Ende Wohnraum geschaffen, der für 6,50 Euro pro Quadratmeter vermietet werden konnte.
„Wir sind bereits mitten drin in der ökologischen Insolvenz, wir leben auf Pump seit dem Erdüberlastungstag am 29. Juli. Darum ist der Begriff der Nachhaltigkeit kritisch zu betrachten“, sagte er. Ein Drittel der Jahresholzernte würde ausreichen, um den gesamten Neubaubedarf in Deutschland zu decken. Seine Beispiele reichten vom 16-familien bis zum 52-familienhaus mit verschiedenen Wohnungsgrundrissen sowie offenen oder innenliegenden Treppenhäusern. Bemerkenswert auch ein fünfgeschossiger Holzbau, der eine Baulücke mitten in der Berliner Innenstadt schließt, dabei privaten Wohnraum, Kultureinrichtungen und verschiedene Gewerbe unter einem Dach vereint. All das ist im Holztafelbau, Skelettbau oder, bei Bauvorhaben ab vier Geschossen, mit Hybridkonstruktion möglich.
„Aktuell bauen wir in Berlin-Neukölln ein Bestandgebäude um. Dort setzen wir ein neues Dachgeschoss das Vorderhaus auf und drei Geschosse auf dem Seitenflügel auf. Der Holzbau ist hierbei hervorragend geeignet, weil bei diesem historischen Gebäude auf Lasten geachtet werden muss“, so Kaden. Zudem sei Holz der einzige nachwachsende Rohstoff, der als nachhaltig bezeichnet werden dürfe. Und der auch darum bestens für einen Bildungsbau wie die „Sofortschule“ in Leipzig geeignet. Die Ausschreibung der Stadt im dialogischen Verfahren – als Arbeitsgemeinschaft mit Kaufmann Bausysteme - wurde der 3D-Modulbau verwendet. Über 300 Module wurden mit einem Vorfertigungsgrad von etwa 65 Prozent geliefert und auf der Baustelle additiv aneinandergefügt. Was eine enorm schnelle Bauzeit ergab. „Der Bauantrag wurde im Dezember 2018 eingereicht, im Juli 2019 konnte der Unterricht im ersten Bauabschnitt beginnen“, so Kaden.
Obwohl es diese guten Beispiele gibt und die Holzbauer, Planer und Prüfingenieure immer wieder Wege finden, den Holzbau so aufzustellen, dass er bei der nachhaltigen Beseitigung des Wohnraummangels helfen kann, „sind wir noch weit weg vom der Systematisierung des Holzbaus“, wie Prof. Kaden am Ende seines Vortrages zugeben musste.
Dr.-Ing. Michael Merk
- Leiter Überwachung- und Zertifizierungsstelle Holzbau
am Materialprüfungsamt für das Bauwesen der Technischen Universität München
Zum Entwurf der Muster-Holzbaurichtlinie
Das Baurecht deckt den aktuellen technischen Fortschritt im Holzbau noch nicht vollumfänglich ab. Das belegte auch der Vortrag von Dr. Merk über den Entwurf der Muster-Holzbaurichtline (M-HolzBauRL). Die aktuelle Situation erfordere eine Erweiterung bauordnungsrechtlicher Regelungen für das Bauen mit dem Baustoff Holz. Ein erster Schritt in diese Richtung wurde vollzogen. Mit der Fortschreibung der bislang existierenden Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise M-HFHHolzR zur neuen M-HolzBauRL. Zum aktuellen Zeitpunkt enthalte dieser Entwurf jedoch noch bei weitem nicht alle heute möglichen Konstruktionsformen. Zahlreiche Einsprüche wurden bereits eingereicht und würden derzeit geprüft. Ziel sei es, das rechtskonforme Bauen bis zur Hochhausgrenze durch entsprechende Richtlinien, technische Regeln, Nachweise und festgelegten Maßnahmen zur Qualitätssicherung zu erleichtern. Die Unsicherheit im Holzbausektor sei immer noch zu groß und die Abweichungsregelungen, die derzeit zum täglichen Holzbaugeschäft zählten, aufwendig und kostspielig.
Heute können selbst die höchsten Anforderungen an Holzbauteile technisch problemlos, versuchstechnisch belegt, zweifelsfrei erfüllt werden. Jedoch sei es schwierig, dann die entsprechenden Nachweise konform mit den bauordnungsrechtlichen Vorgaben zu liefern. Gerade für die Massivholzbauweisen fehlten die Regelungen zur Verwendbarkeit. „Wenn sie in einer Ausschreibung oder einem Brandschutznachweis das Wort hochfeuerhemmend lesen und es wird gleichzeitig gesagt, dass mit Brettsperrholz gebaut werden soll, dann müssen sie aufschreien!“, riet Dr. Merk. Denn hochfeuerhemmend und Brettsperrholz schließe sich aus, es sei schlichtweg nicht zu erfüllen. Darauf müsse zuvor im Brandschutznachweis mit entsprechenden Abweichungsanträgen eingegangen werden.
Auch in der Hessischen Bauordnung (HBO) sind im § 29 die allgemeinen Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen geregelt. Dort heißt es aktuell in Absatz (2) Satz 5: „Abweichend von Satz 4 sind andere Bauteile, die feuerbeständig oder hochfeuerhemmend sein müssen, aus brennbaren Baustoffen zulässig, sofern sie den Technischen Baubestimmungen nach § 90 entsprechen.“
Für Dr. Merk sind „andere Bauteile“ eben diejenigen, die nicht hochfeuerhemmend oder feuerbeständig entsprechend § 29 Satz 4 sind, jedoch einen gleichwertigen Feuerwiderstand erfüllen sollen. Allerdings ist dieser Satz in der Hessischen Bauordnung derzeit nur vorbereitend. Erst wenn die M-HolzBauRL existiert und auch eingeführt ist, könne mit diesem Satz 5 gearbeitet werden. Aktuell ist die Anwendung von HBO §29 (2) Satz 5 noch nicht möglich. Auch in Hessen ist also das Bauen mit Holz bis zur Hochhausgrenze aktuell noch nicht fertig gelöst.
Prof. Dr.-Ing. Dirk Kruse
- Dehne, Kruse Brandschutzingenieure GmbH & Co. KG aus Gifhorn
Brandschutz in mehrgeschossigen Wohngebäuden
Er ist Spezialist für den Brandschutz und „mag das Deutsche Baurecht“, denn das erhalte Öffnungsklauseln und unterstreiche „den Anspruch auf Abweichungen“, so Prof. Kruse. Baurecht ist Landesrecht. In zwölf von sechszehn Bundesländern wird der Holzbau baurechtlich in der Gebäudeklasse 4 nur mit Kapselung zugelassen und ab GK5 erst einmal untersagt. Die Kapselung ist wesentliches Sicherheitselement ab GK 4 in zwölf Bundesländern.
Baden-Württemberg, Hamburg, Berlin und Nordrheinwestfalen haben ihre Bauordnung novelliert und modernisiert, Hessen ist gerade dabei. „Die Brennbarkeit spielt baurechtlich in diesen vier Bundesländern keine Rolle mehr, Holzbau ist ab GK 3 bis 5 erlaubt, die Kapselung erlaubt, aber nicht mehr vorgeschrieben. Hier sind tragende oder aussteifende sowie raumabschließende Bauteile, die hochfeuerhemmend oder feuerbeständig sein müssen, in Massivholzbauweise zulässig, wenn die geforderte Feuerwiderstandsfähigkeit nachgewiesen wird“, so Kruse.
Für den Holzbau sei das eine gute Entwicklung. Für Planer stellten die Zusatzanforderungen der Bundesländer, in der das Bauwerk einmal stehen soll, große Herausforderungen dar. „Sie dürfen alles machen. Sie müssen es nur richtig machen“, sagte Prof. Kruse. Was sich einfach anhöre, sei in der Praxis oft schwierig, da Abweichungen von der Landes- oder Sonderbauverordnung, von technischen Baubestimmungen oder auch Verwendbarkeitsnachweisen heute an der Tagesordnung seien. Das wiederum habe Einfluss auf die Genehmigungsverfahren durch Prüfingenieure, Gutachter oder Bauaufsicht. „Vor allem die brandschutztechnischen Maßnahmen der Vorschriften sind nicht ohne weiteres anwendbar. Brandschutzkonzepte müssen die Umsetzung der Schutzziele des Baurechts mittels einer ganzheitlichen Betrachtung aller brandschutztechnischen Maßnahmen in sich schlüssig und nachvollziehbar darstellen“, so Kruse.
In der Hessischen Novellierung, die als Muster seit April 2019 vorliegt und über die noch diskutiert wird, seien einige Formulierungen noch nicht eindeutig genug, so Prof. Kruse. Auch er ging auf Satz 5 (HBO § 29(2) ein und stellte an dieser Stelle die Frage an die Politik, was genau mit „andere Bauteile“ gemeint sei? Denn weder er noch ein Planer, der mit diesen Bauverordnungen arbeiten müsse, könne das rechtssicher beantworten. Von einer eigenen Auslegung dieser Textstelle riet er ab.
„Man kann das Gesetz vollends beachten, dann hat man alles richtig gemacht. Es ist aber auch zulässig, vom Baurecht abzuweichen und einen eigenen Weg zu gehen, der gleichwertig ist. Natürlich mit der Zustimmung der Bauaufsicht und des Prüfingenieurs“, so Kruse.
Dipl.-Ing. Heiko Seen
HU-Holzunion GmbH, Rotenburg (Wümme)
Ressourcenschonende Kooperation
– von der Arbeitsvorbereitung bis zur Dachaufstockung komplett in Holzbauweise (GK4)
Im Holzbau können auch Großprojekte umgesetzt werden. Ein Beispiel zum „Nachbauen“ lieferte Heiko Seen. Der Geschäftsführender Gesellschafter der HU-Holzunion GmbH, in der fünf namhafte inhabergeführte Holzbauunternehmen, Cordes Holzbau, Taglieber, Hoffmeister, Kaiser und Adams Holzbau-Fertigbau, zusammenarbeiten, steuert die Prozesse innerhalb der einzigen GmbH dieser Art in Deutschland. Vorteile seien eine konstante Arbeitsauslastung und viel Planungssicherheit.
Denn die einzelnen Unternehmen gehen weiter ihrem Tagesgeschäft nach, sind unabhängig, jeweils mit ihrem speziellen Know-how. Innerhalb der Kooperation nehmen sie an Ausschreibungen für größere Projekte teil, die einer allein nicht schaffen kann. „Derzeit haben wir in Deutschland etwa 11.500 Holzbaubetriebe, aber nur 3,5 Prozent davon haben mehr als 19 Beschäftigte, mehr als 80 Prozent haben weniger als 10 Beschäftigte“, so Seen.
Der Arbeitsaufwand für die Angebotseinreichung, Planung und Finanzierung größerer Projekte, ließen viele Unternehmen zum Entschluss kommen, dass sie das Risiko nicht tragen können. Ein Großauftrag wird vielleicht storniert, Termine verschieben sich, eigene Ressourcen reichen nicht aus und am Ende sind juristische Auseinandersetzungen zu befürchten. „Den meisten fehlt einfach die Erfahrungen für Großprojekte“, so Seen.
Darum ist die Bereitschaft für Informationsaustausch innerhalb der HU-Holzunion ein wesentlicher Punkt für den Erfolg des Unternehmens. Nach Know-how, freier Kapazitäten und auch der geografischen Lage zum Projekt werden die Aufgaben verteilt und am Ende gemeinsam abgerechnet. „Hierbei ist es wichtig, die Kalkulationen offen zu kommunizieren. Das ist in Amerika normal, in Deutschland immer noch ein Tabu“, so Seen. Obwohl sich die verschiedenen Kalkulationen nicht wesentlich unterscheiden und die Produktionskosten für verschiedene Leistungen oftmals sehr nah beieinander seien. „Der ausschlaggebende Kostenfaktor ist die Zeit. Je früher das Projekt abgeschlossen ist, desto besser“, so Seen.
Am Beispiel eines Großprojektes in Nürnberg, dem TM50, erläuterte er, wie wichtig die Arbeitsvorbereitung ist. Die eigene Unternehmerstruktur, die aufeinander abgestimmt arbeitet hatte sich hier erstmals bewährt. „Dach- und Deckenelemente wurden von Cordes geliefert und montiert, Wandelemente von Taglieber, Brettsperrholz und Plattenfassade von Hoffmeister und anteilige Dach und Deckenmontage von Kaiser. Vorgabe war, 5.000 Quadratmeter BGF-Fläche zu bauen und die Hülle innerhalb von 6 Monaten fertig zu stellen“ so Seen. Diese Vorgabe wurde lediglich um einen Monat überschritten, da das Brandschutzkonzept noch einmal geändert werden musste.
Die Erfahrungen der Holzunion zeigen, dass es nicht nur Mut zur Kooperation, sondern auch einen Geschäftsführer braucht, der dafür sorgt, dass die Arbeitsabläufe aller Unternehmen gut aufeinander abgestimmt werden.