Die Teilnahme für Mitglieder ist kostenfrei. Die Anmeldung erfolgt formlos über: kontakt@pro-holzbau-hessen.de, der Einladungslink wird vor der Veranstaltung per E-Mail versendet. Benötigt werden 25-30 Minuten Zeit, ein Bildschirm, Lautsprecher, bei Bedarf eine Kamera und ein Smartphone, um über das Tool voxr.com/proholzbau Fragen an den Referenten zu stellen.
Ein "Kurzer Blick auf VOC aus Holz und Holzwerkstoffen" von Ahmed Al Samarraie, Al Samarraie OeConsulting beim digitalen Werkstattgespräch im 7-3-7-Format
von Diana Wetzestein
28. Januar 2021_Kassel. Es riecht nach frischem Holz. Wer in einem Holzhaus wohnt oder einen Raum betritt, der mit naturbelassenen Hölzern ausgestattet ist, erkennt sofort den Holzgeruch. Er wird als wohltuend und gesund empfunden und trägt nachweislich dazu bei, dass sich der Mensch einfach besser fühlt. Wahrgenommen werden die natürlich flüchtigen organischen Verbindungen (nVOC), die dem Holz entweichen und in der Raumluft messbar sind. Im Bausektor werden sie mit den VOC's in einem Katalog geführt und diskutiert. Und stehen unter fälschlicherweise unter "Generalverdacht", wie Ahmed Al Samarraie meint.
Der Referent des 4. Digitalen Werkstattgespräches fordert deshalb "eine klare Abgrenzung der nVOC's von den petrochemischen VOC's" und setzt sich seit 1992 bereits beruflich dafür ein. Unter anderem als Holzbauberater und Sachverständiger, Leiter des Arbeitskreises ökologischer Holzbau im DHV und Branchenvertreter mehrerer Forschungsprojekte zu diesem Thema.
Alexander Hohbein, Geschäftsführer pro holzbau hessen, ließ den Fachmann aber nur kurz zu Wort kommen. Im Format 7-3-7 werden in weniger als einer halben Stunde Fakten zu einem bestimmten Thema geboten und konkrete Fragen der Teilnehmer beantwortet. "Warum ist die Raumluft heute überhaupt so ein brisantes Thema? Holz gab es doch schon immer schon in Häusern?", richtete Hohbein seine Frage an den Referenten Samarraie.
"Das liegt an den heute üblichen energetisch optimierten Bauweisen mit hoher Luftdichtung. Und hat mit den baurechtlichen Anforderungen zu tun, die bei Planung und Errichtung von Gebäuden berücksichtigt werden müssen. Gebäude sind so zu bauen, dass von ihnen keine Gefährdung für die Bewohner und Nutzer ausgehen kann. Der bauliche Gesundheitsschutz ist somit bereits ein Teil des Plan- und Bauprozesses. Unser Ziel ist es aber, ihn über die Güte- und Prüfbestimmungen (GHAD/GDF) mit einzubinden.
Wir haben beim Luftdichtungswert in Gebäuden eine Marke von n50 kleiner 1,0 gesetzt. Die guten Holzrahmenkonstruktionen leisten sogar noch viel niedrigere Luftdichtungswerte, was dazu führt, dass man manuell oder mechanisch einen Luftaustausch durchführen muss. Damit sich die Emissionswerte in den Räumen nicht zu sehr erhöhen. Diese Emissionen sind sogenannte volatile organic compounds, kurz VOC. Materialien und Reinigungsflächen, Außenluft oder Zigarettenrauch, Haustiere und vieles mehr erzeugt diese flüchtigen organischen Verbindungen.
In Naturbaustoffen, und dazu zählen wir Holz, sind unter anderem holzeigene Säuren und Terpene enthalten. Ein Großteil der VOC-Emissionen aus Holz und Holzwerkstoffen sind die nVOC's, die das Holz natürlicherweise vom Baum mit in den Raum bringt. Es sind natürliche, dynamische Abbauprozesse, die in der Raumluft gemessen werden und nach der Trocknung abklingen. Man kann weniger streng mit diesen Zahlen umgehen, weil die angenommenen negativen Wirkungen nicht eingetreten sind.
Wir sehen es sehr kritisch, in Ausschreibungen Planvorgaben mit Zielwerten für die Emissionen aus Bauprodukten zu machen. Emissionen sind nicht statisch, ihr Verhalten ist dynamisch und kann am Ende bei der Abnahme zu großen Problemen führen. Und sogar zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Und wir versuchen mit unserem Sachverständigenkreis den Betrieben zu helfen, da wieder rauszukommen. Am Ende hilft auf jeden Fall die frische Luft, die man immer mal in die Räume lassen soll."
Frage: Wie ist der Stand der medizinischen Wissenschaft in Bezug auf die Gesundheitsgefährdung?
Antwort: Ganz abschließend lässt sich das nicht sagen. Bislang wurden erst wenige Studien dazu abgeschlossen, aktuell die "Humantoxikologische Bewertung von Emissionen von Holz und HWS". Vor 10 Jahren gab es schon einmal eine Studie dazu, die zu dem Schluss kam, dass es trotz hoher Emissionswerte durch Kieferterpene zu keiner gesundheitlichen Gefährdung der Humanprobanden kam.
Frage: Wie hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Prozess eines Holzwerkstoffherstellers gegen Teile der „neuen“ MVvTB (Musterverwaltungsvorschriften technische Baubestimmungen) entschieden? Dort werden an OSB und Spanplatten in der neuesten Fassung umfangreiche Emissionsanforderungen gestellt.
Antwort: Der VGH Karlsruhe hat mit Urteil vom 07.10.2020 entschieden, dass die Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums und des Wirtschaftsministeriums über Technische Baubestimmungen (Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen - VwV TB) vom 20. Dezember 2017 - Az.: 45-2601.1/51 (UM) und Az.: 5-2601.3 (WM) - wird, soweit sie für Span- und OSB-Platten Geltung beansprucht, hinsichtlich der in ihrem Anhang 8 (ABG) unter 2.2.1.1 enthaltenen Anforderungen an VOC-Emissionen betreffend die Summe der flüchtigen organischen Verbindungen (TVOCspez) und der Konzentrationen der schwerflüchtigen organischen Verbindungen (TSVOC), den nach einer Einzelstoffbewertung gebildeten (Summen)-R-Wert und die Mengenbegrenzung für nicht bewertbare VOC für unwirksam erklärt.
Frage: Was ist mit den Ausdünstungen aus Leimen in OSB und in Holzspanplatten, z. B. aus Möbeln?
Antwort: Bei nahezu allen heute marktüblichen OSB und HSP sind die Leime nur im Produktionsprozess emittierend. Meist auf - durchaus nicht unkritisch zu beurteilen - Isocyanatbasis sind diese sogenannten PMDI - Leime nach dem Fertigungsprozess nahezu inert – also nicht reagierend. Die in Deutschland nur zulässige Emissionsklasse E 1 sichert zudem einen niedrigen Formaldehydwert und bei entsprechend zertifizierten Produkten werden keine Emissionen aus Leimen nachgewiesen.
Frage: Was kostet eine Raumluftprüfung und wer kann die durchführen?
Antwort: Die Kosten für eine solide Raumluftprüfung bei einem Einfamilienhaus liegen bei 1.500 bis 2.000 Euro. Sie muss DIN-gerecht durchgeführt und gut vorbereitet werden. Dazu gehören Vor- und Feinreinigung, Kontrolle der Temperatur und Sonneneinstrahlung, auf Fremdemissionen muss geachtet werden. Es gibt spezielle Institute, die das durchführen können.
Literaturhinweise: "Kann Natur denn schädlich sein?" Herausgeber: Informationsdienst Holz
"VOC im Holzbau" Herausgeber: Deutscher Holzfertigbau Verband e. V.
"HOLZ – MENSCH – RAUM" Herausgeber: Informationsdienst Holz
"VOC – Es liegt was in der Luft …" Herausgeber: EGGER